Pfingstpredigt, gehalten am 8. Juni 2014, in der Hüttener Kirche.
In der Predigt nehme ich Bezug auf den SPIEGEL-Artikel „Das unsterbliche Gerücht“ von Susanne Beyer und Romain Leick, Nr. 24 / 7.6.2014.
Das Titelbild des SPIEGEL zeigt eine Aufnahme eines Weltraumnebels.
Gleichzeitig zitiere ich aus einem Beitrag von Pastor Traugott Giesen in der EVANGELISCHEN ZEITUNG mit dem Titel „Der Geist des Verstehens“, 8. Juni 2014 / Ausgabe 23.
Zentrale Glaubensaussage aus meiner Predigt:
Für mich ist die Bibel einerseits HEILIG und andererseits ein menschengemachtes Buch.
In ihr finden sich gläubige Menschheitserfahrungen.
Das Ringen um den Glauben an Gott achte ich – und fühle den Autoren der Texte ab, dass es ihnen um letztgültige Fragen ihres Lebens ging.
So ist die Bibel (Heilige Schrift) für mich das wichtigste Buch.
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Beim Nachdenken darüber, ob Gott für mich personal / personhaft ist, muss ich streiken. Denn Gott ist in meinem denken derart stark als DU da, dass ich ihn allein als persönlichen Gott – den ich allein mit DU anreden kann, denken und FÜHLEN kann.
Liebe Gemeinde!
Der SPIEGEL hat als Titelbericht:
„Ist da Jemand? –
Die Zukunft der Religion.
Glaube ohne Gott“.
Das Frondecover zeigt eine Aufnahme eines Weltraumnebels – der 7000 Lichtjahre von uns entfernt ist.
Über die Zukunft von Religion – oder Glaube sagt der Bericht gar nichts aus. Auf die letzte Mitgliedschaftsstudie der EKD wird Bezug genommen, - doch diese Studie sagt im Wirklichkeit auch nicht viel über Religion und Glaube aus.
Wie RELIGIÖS Menschen sind, kann man heutzutage gar nicht mehr an Mitgliederzahlen eruieren, da RELIGIOSITÄT / GLAUBE in der Bereich des PRIVATEN / des INDIVIDUELLEN / HÖCHSTPERSÖNLICHEN gerückt ist.
Kirche bietet für Menschen eine Plattform,
um über Glaube und Gott nach zu denken.
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Gläubige ... Zweifler ... und nicht Gläubige kommen in Gottesdiensten zusammen.
Die SPIEGEL Redakteure haben den Himmelfahrtsgottesdienst im Hamburger Nobelviertel Harvestehude besucht.
Pastor Johann Hinrich Claussen – einer der Pastoren an St. Nikolai in Hamburg Harvestehude hält die Predigt und lässt sich auf ein Gespräch mit den Journalisten ein.
Wie Theisten (Menschen, die an Gott glauben) und Atheisten (Menschen, die nicht an Gott glauben) miteinander über RELIGIÖSES in Gespräch kommen können, steht sowohl im SPIEGEL-Bericht als auch in der Predigt von Pastor Claussen im Mittelpunkt.
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Im Zentrum steht ein Buch des Amerikanischen Philosophen Ronald Dworkin „RELIGION OHNE GOTT“, der im vergangenen Jahr gestorben ist.
„RELIGION OHNE GOTT“ können Sie für 19, 95 Euro in einer deutschen Übersetzung kaufen.
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THEISTEN / ATHEISTEN kommen über das RELIGIÖSE ins Gespräch. Das ist gut, denn zu viele Fragen bleiben TROTZ aller Wissenschaft offen;
denn allein der VERSTAND kann unsere Welt nicht menschlicher machen.
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KURZER KRITISCHER EINSCHUB:
Ich wäre als Redakteur in ein Sterbehospiz für Krebskranke Kinder gegangen und hätte mit den Kindern, Eltern, Ärzten über Glaube an Gott – über Sterben und Tod - gesprochen.
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Pastor Claussen müht sich redlich ab, sich dem Buch von Dworkin „Religion ohne Gott“ in seiner Predigt zu stellen.
Er ist da ganz DIALOGFÄHIG.
Und er weiß auch, was „seine Schäfchen“ in „seiner Gemeinde“ zum Nachdenken brauchen.
Intellektuelles Futter – geistige Nahrung für überwiegend nachdenklich Gebildete.
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Dworkin und „RELIGIÖSE ATHEISTEN“
lehnen einen personalen / personhaften Gott ab.
Damit lehnen sie natürlich auch GOTTESBILDER DER BIBEL ab. Nun die Bibelkritik, die die Bibel als ein erforschbares Buch betrachtet, hat dazu geführt, dass Menschen des 21. Jahrhunderts kaum noch etwas mit diesem Heiligen Buch anfangen können.
Für mich ist die Bibel einerseits HEILIG und andererseits ein menschengemachtes Buch.
In ihr finden sich gläubige Menschheitserfahrungen.
Das Ringen um den Glauben an Gott achte ich – und fühle den Autoren der Texte ab, dass es ihnen um letztgültige Fragen ihres Lebens ging.
So ist die Bibel (Heilige Schrift) für mich das wichtigste Buch.
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Beim Nachdenken darüber, ob Gott für mich personal / personhaft ist, muss ich streiken. Denn Gott ist in meinem denken derart stark als DU da, dass ich ihn allein als persönlichen Gott – den ich allein mit DU anreden kann, denken und FÜHLEN kann.
Für Dworkin ist das ein Problem.
Er schmeißt sozusagen Gott als Gegenüber – als Du – aus seinem Denken hinaus.
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Gott als Energiefeld ... als abstrakte Macht ... als Kraftfeld ... als Idee ... als absolut heiliges, erhabenes, bestaunenswertes Lebensprinzip ... ist mir nicht genug.
Das liegt an dem, was ich erlebt habe und an dem unsäglichen Leid, dass Menschen <Pflanzen- und Tierwelt> zu allen Zeiten erleben.
Gerade als Leiderprobte brauche ich Gott als Ansprechpartner, mit dem ich ringen kann, den ich unaufhörlich befragen kann.
So bezeichne ich mich als AN GOTT GLAUBENDE INFRAGESTELLERIN.
Die ersten Worte, die ich im Gottesdienst spreche, sind quasi mein Glaubensbekenntnis:
- Gott, der für uns Mensch geworden ist,
- der unsere Haut getragen hat,
- der in unseren Schuhen gegangen ist,
- der von ganz unter in die Welt gekommen ist,
- um einem jedem von uns nahe zu sein,
- sei mit uns allen.
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Pastor Claussen schlägt sich wacker in seiner Predigt.
„Es gibt Gott als etwas, was nahe bleibt, und als etwas, was sich in den Himmel entzieht. Das gesamte komplexe Bild der Trinität, Vater-Sohn-Heiliger Geist, ist der gewollte Widerspruch in sich selbst. Es ist ein Bild von Gott, das alle Gottesbilder durchbricht. ... und in seiner Offenheit passt es in eine moderne, komplexe Welt.“
So zitiert der SPIEGEL Pastor Claussen.
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Gottesbilder bietet die Bibel – bieten Theologen / Pastoren an. Mir geht es bei Gott nicht um ein BILD.
Mir geht es um Gott als Du neben mir.
Durch die Gottesbilder anderer kämpfe ich mich hindurch zum meinem EIGENEN.
So wie ich ja auch meinen eigenen Weg gehen will.
Zu mir selbst ... zu mehr Selbstachtung ... Selbstbewusstsein kommen möchte.
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Den Gottesdienst an Himmelfahrt in Harvestehude hätte ich gerne miterlebt.
Hätte mich gewundert über so viel intellektuelles Nachdenken über Gott.
Hätte mich gefreut über das Interesse des SPIEGEL am Glauben und hätte mitgestritten.
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Wissenschaft ... Bildung ... Forschung ... Verstand ... kann nicht alles klären, Geheimnisse bleiben offen. Das finde ich für religiös und wissenschaftlich redlich.
Raum bleibt für existentielle FRAGEN an das ewige DU – Gott.
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NACHBEMERKUNG:
Pastor i.R. Traugott Giesen (langjähriger Pastor in Keitum) schreibt zu Pfingsten 2014 in seinem Beitrag:
„Wir können Gott quälen und kränken mit der Frage,
wie er das Leid in der Welt zulassen könne.“
Den Atem habe ich angehalten, als ich diesen Gott-Satz gelesen habe.
„Wir können Gott quälen und kränken mit der Frage,
wie er das Leid in der Welt zulassen könne.“
Ich würde auch Herrn Pastor Traugott Giesen empfehlen, auf eine Kinderkrebsstation zu gehen und mit den Kindern und Eltern zu sprechen.
Kinder fragen ohne Ende – fragen auch ihren Gott.
Sie fragen, weil sie noch staunen können, weil sie noch „nicht fertig“ sind.
Wer Wie Was – Wieso Weshalb Warum –
Wer nicht fragt, bleibt dumm.
Amen
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