Hiob 19

Hiob 19, Juni 2011

“Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen! Warum verfolgt ihr mich wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch? Ach dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift, mit einem eisernen Griffel in Blei geschrieben, zu ewigem Gedächtnis in einen Fels gehauen! Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der letzte wird er über dem Staub sich erheben. Und ist meine Haut noch so zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.”

(Hiob 19, 21-27)

Die VOLX-Bibel übersetzt Hiob 19, Verse 23-24 „so nett“: “Ich wünsch mir, dass das hier irgendjemand filmen würde für die Nachwelt und es dann bei Youtube reinstellt, damit die Sache mal an die Öffentlichkeit kommt. “

2010 ist ganz viel an die Öffentlichkeit gekommen.

Im Abschlussbericht der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, Dr. Christine Bergmann, heißt es auf Seite 15 in der Einleitung: „In den Institutionen erfolgten Aufarbeitungen punktuell, aber keineswegs durchgängig. Der Anstoß zur Aufarbeitung in den Institutionen erfolgte in der Regel durch die Betroffenen selbst und zwar mit einem enormen Einsatz Einzelner verbunden. In vielen Fällen kam es zu erneuten Demütigungen der Betroffenen.“

Ich weiß, was das Schweigen bedeutet. Kenne das System der Geheimhaltung, kenne die gnadenlose Isolation und Hilflosigkeit. Der Wunsch, gehört zu werden, sitzt bei mir ganz tief. Immer wieder begegne ich auch Sätzen , wie: „Das ist doch schon so lange her. Damit muss man doch irgendwann mal mit abschließen. Damit muss irgendwann gut sein. ...“ Mich machen solche Sätze ganz krank. Denn ich weiß ja, wie lange Zeit ich meine schwersten seelischen Verletzungen in mir vergraben habe, weil ich gerade auch kein Vertrauen darauf hatte, verstanden zu werden.

Meine „kleine Susanne“ will leben, will sich nicht mehr verstecken müssen. Sie geht nun mit mir Hand in Hand, und wenn wir wieder so Sätze hören, dann schaut sie mich traurig an und ich antworte in passender Weise.

Das Werkstück „Hiob 19“ hatte ich unmittelbar vor meiner Berlin-Predigt in diesem Jahr fertig gestellt. Der Text hinter Glas ist natürlich Hiob 19. Das Mädchen auf der anderen Seite, das bin ich.

 

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